Ein Erweiterungskörper ist ein Körper
, der einen anderen Körper
als
Teilkörper enthält [PW72, 6.5]. Der Grad der Körpererweiterung von
über
ist die
Dimension von
als (so genannter)
-Vektorraum und wird als
bzw.
geschrieben. Jeder Vektor in
besteht entsprechend der Definition des Vektorraumes (vgl.
Abschnitt 1.4) aus jeweils
Tupeln in
. Bekannte Beispiele für Körpererweiterungen
sind:
Ausgehend von den Vorbetrachtungen konstruieren wir jetzt einen endlichen Polynomring
auf dem Körper
.
Darin seien die üblichen Polynomoperationen, wie Addition und Multiplikation gültig, weshalb man
auch von einem Vektorraum der Polynome in der Unbestimmten mit Koeffizienten aus dem Körper
spricht. Ist der Leitkoeffizient
, dann wird das Polynom als normiert (monisch)
bezeichnet, sonst ist
das so genannte Leitmonom.
Wird anschließend eine Restklassendivision dieser Polynome durch ein Polynom
mit Grad
definiert, also
mit
, dann bildet die
Menge der darin enthaltenen Restklassen wieder einen Restklassenring [PW72, 6.], [MvV92,
2.5.4].
Der Polynom-Restklassenring auf dem Grundkörper
Im Beispiel des Restklassenringes
lassen sich die Eigenschaften eines Ringes (siehe
Abschnitt 1.2) wiefolgt nachweisen:
Der Übergang zu einem Körper wird möglich, wenn ein Primelement in Bezug auf die Menge der
Polynome
ist, es sich also um ein (so genanntes) irreduzibles Polynom handelt. Ein solches Polynom
ist dadurch gekennzeichnet, daß es nicht weiter in Teilpolynome mit Koeffizienten aus
reduzierbar
ist.29
Es sei nun ein Restklassenpolynom mit Koeffizienten
aus dem endlichen Grundkörper
und
vom Grad
. Dann handelt es sich bei
um einen endlichen
Körper mit
Elementen [Bos96, 3.8]. Man spricht auch von einem Vektorraum
der
Dimension
über
, denn auf diese Weise wird (im Sinne von Abschnitt 1.4) jedem Vektor
ein Polynom
vom Grad
zugeordnet. Es handelt sich folglich nur
um eine andere Darstellung der
Tupel des Vektors
in der Art
. Die
Potenzen
bilden die (Polynom-) Basis des Vektorraumes
über
.
Entsprechend ist die Dimension des Erweiterungskörpers
über dem Grundkörper
genau
. Als Notation für einen solchen Körper wird deshalb auch
oder
verwendet.
Mit diesen Vorbemerkungen lassen sich alle Aussagen zu Restklassenkörpern, wie sie in Abschnitt 3.3
allgemein formuliert wurden, auf den Erweiterungskörper anwenden:
![]() | (3.12) |
welche auch die Kongruenz rechtfertigen.
Nach dem Hauptsatz der Zahlentheorie kann man für jede natürliche Zahl eine eindeutigen Primfaktorzerlegung der Form
finden. Gleiches trifft auch für Polynome in zu, nur daß es sich um irreduzible Polynome anstatt
Primzahlen handelt.
Jedes der irreduziblen Polynome32
hat eine vom jeweiligen Grad
abhängige Anzahl von Nullstellen
, die entweder im
Grundkörper
oder (sämtlich) in einem zugehörigen Erweiterungskörper
liegen.
Nullstellen im Grundkörper, von denen
maximal
besitzen kann, lassen
sich immer als einfache Faktoren der Art
mit
darstellen (vgl.
Beispiel-Faktorisierung von
in Abschnitt 3.4.5). Liegen dagegen alle
Wurzeln von
in
einem Erweiterungskörper, dann muß es sich um ein irreduzibles Polynom (höheren Grades)
handeln.33
Ein solcher Körper besteht aus
Elementen, welche die
Nullstellen der zugeordneten
Funktion
darstellen (vgl. Abschnitt 2.1.5).
nennt man deshalb auch den kleinsten
Körper über den
vollständig in Linearfaktoren zerfällt [Bos96, 4.5] bzw. kürzer:
sei der Zerfällungskörper von
.
Ein weiteres Charakteristikum des Zerfällungskörpers sind die konjugierten Nullstellen, d. h. bei
Kenntnis einer Nullstelle
des irreduziblen Polynoms
sind die restlichen
Nullstellen genau die Potenzen
. Das irreduzible Polynom
zerfällt also bei Kenntnis nur einer Nullstelle
vollständig in seine
Linearfaktoren. Der
Beweis dieses Satzes geht vom sogenannten „Anfänger-Traum“ (Freshmans Dream) aus:
und berücksichtigt dann, daß im Grundkörper jedes Element
die Relation
erfüllt (vgl.
Abschnitt 3.3.2).
Aus diesem Grund läßt sich für jedes der irreduziblen Polynome die folgende Linearfaktordarstellung
angeben:34
Die Nullstellen kann man (wegen ihrer linearen Unabhängigkeit) verwenden, um statt einer
Polynombasis eine so genannte Normalbasis des Vektorraumes (der Dimension
) über
zu
definieren.
Für eine Erweiterung des Primkörpers auf
Dimensionen ist ein irreduzibles Polynom
vom Grad
notwendig. Der dadurch entstehende Körper
soll am Beispiel des Polynoms
mit Koeffizienten aus
(zu den Rechenoperationen vgl. Seite 58) jetzt
kurz betrachtet werden. Nach Darstellung 3.10 gehören genau
Polynome zum
Erweiterungskörper (
,
), nämlich:
Wie sich leicht feststellen läßt, ist das erzeugende Element der multiplikativen Gruppe
, denn die anderen Elemente ergeben sich als Potenzen
.
Außerdem sind alle Elemente (abgesehen von ) wirklich Nullstellen des Polynoms
. Auch gut erkennen läßt sich, daß
für jedes Element
ein
Teiler von
ist.
Äquivalent dazu ist das Produkt aller Elemente (konform zu Formel 2.15) genau das neutrale Element der
multiplikativen Gruppe.35