Für den Übergang von einem Restklassenring zu einem Restklassenkörper muß man zu
jedem
das Vorhandensein eines multiplikativ inversen Elements
, mit
, fordern. Wir nehmen die Antwort vorweg und proklamieren, daß es ein solches
Element in
nur dann gegeben kann, wenn
und
teilerfremd sind [PW72, Satz 6.4].
Bezieht man diese Aussage z. B. auf
, dann müssen (wenn keine
weiteren Forderungen an
gestellt werden) alle Elemente
, für die
nicht erfüllt
werden kann, ausgeschlossen werden. Sowohl im allgemeinen als auch speziellen Fall von
ist
diese Einschränkung grundsätzlich hinfällig, wenn es sich bei
um ein Primelement handelt
(ein vollständiges Restklassensystem) – in Bezug auf
also um eine Primzahl
,
weshalb
(mit
). Im Fall des Ausschlusses von Elementen (ein reduziertes
Restklassensystem) ist die Anzahl der teilerfremden Zahlen durch EULER’s Totient-Funktion
bestimmt und so die Ordnung der multiplikativen Gruppe
, d. h.
(mit
).
Beweis
Ist kein primes Element, dann läßt es sich mindestens in zwei Faktoren
zerlegen (die
nicht Vielfache von
sind, also
). Da nun
ist, gilt für die
Restklassenmultiplikation
. Soll aber
eine inverse Restklasse
besitzen, dann kann man beide Seiten des Produktes mit
multiplizieren.
ist aber nach Voraussetzung nicht
, demzufolge kann ein Inverses zu
für den Fall dieser
Zerlegung nicht existieren.
Im Gegenzug bleibt noch nachzuweisen, daß, wenn ein Primelement ist, für jede Restklasse
aus
ein inverses Element
auch wirklich existiert. Zu diesem Zweck betrachten
wir alle
, ausgenommen die Restklasse
, welche bei der Inversion auf sich
selbst abgebildet wird. Da wegen der Modulo-Reduktion (wir verwenden jetzt wieder den
Vertreter der Restklasse) immer
gilt, kann nur
ein Teiler von
sein und nicht
umgekehrt. Aber auch dies ist nicht möglich, wenn nach Voraussetzung
relativ prim zu
ist. Deshalb kann der größte gemeinsame Teiler von
und
nur das Einselement sein.
Berücksichtigt man jetzt noch die aus dem euklidischen Algorithmus stammende Erkenntnis
(Satz von BéZOUT, vgl. Abschnitt 4.1), daß der größte gemeinsame Teiler
zweier Elemente
in der Form
mit
darstellbar ist, dann gilt:
Das inverse Element von ist demzufolge
wobei dessen Berechnung z. B. mit Hilfe des erweiterten euklidischen Algorithmus (siehe Abschnitt 4.1.4) möglich ist.19
Da es sich bei den Restklassenkörpern um spezifische GALOIS-Körper handelt, kann man einige
Formeln von Abschnitt 2.2 konkretisieren. Im folgenden sollen deshalb die Körperelemente und deren
Ordnung im Zusammenhang mit der multiplikativen Gruppe betrachtet werden.
Ordnung von Elementen
Abgesehen von den allgemein geltenden Ordnungsrelationen (siehe Abschnitt 2.1) gibt es speziell für
den Restklassenkörper noch eine erwähnenswerte Ausdrucksmöglichkeit für die von einem
Körperelement generierte zyklische Untergruppe:
![]() | (3.4) |
Einsichtig wird die Schreibweise sofort, wenn man sie für jeden Exponent
expandiert.20
Kleiner Satz von Fermat
Eine für die praktische Anwendung von Restklassenkörpern sehr wichtige Folgerung aus
Gleichung 2.10 ist der (für den Restklassenkörper geltende) kleine Satz von FERMAT [PD75, II].
Er resultiert sofort aus
, wenn man berücksichtigt, daß die Ordnung
der multiplikativen Gruppe
genau
ist.
Aus dieser Kongruenz kann man wegen außerdem ableiten, daß
stets ein Teiler von
ist.21
![]() | (3.6) |
Obwohl der kleine Satz von FERMAT ursprünglich auf bezogen war, wird sein Name oft auch in
Verbindung mit Ausgangsformel 2.10 verwendet (siehe zum Beispiel [FHLM04]) — also
ganz allgemein bezogen auf den endlichen Körper
. Deshalb sollen an dieser Stelle
noch weitere Berechnungsmöglichkeiten erwähnt sein, welche sich direkt aus
ergeben.
Satz von Wilson
Betrachtet man die multiplikative Gruppe eines Restklassenkörpers , so handelt es sich bei den Zahlen
um die
Nullstellen
des Polynoms
. Anwendung
von Gleichung 2.15 auf
führt folgerichtig zum Satz von WILSON [Sho05, 2.8.1], [PD75, II], [Bun08,
2].23
![]() | (3.7) |
Satz von EULER
L. EULER hat für natürliche Zahlen eine sogenannte Totient-Funktion definiert,
welche die Anzahl der positiven Zahlen (größer als
und kleiner als
) teilerfremd zu
ausdrückt.24
Mit Hilfe dieser Funktion hat er FERMAT’s kleinen Satz folgendermaßen verallgemeinert [Sho05, 2.6],
[Bun08, 2], [PD75, II]:
Sind zwei Zahlen relativ prim zueinander, d. h. sie haben keinen
gemeinsamen Teiler (und so ist
), dann gilt:
Der Beweis ist mit den Betrachtungen von Abschnitt 2.1 zur Ordnung der multiplikativen
Gruppe in zu erbringen. Danach entspricht die Gruppenordnung
der Anzahl
invertierbarer Elemente (solche mit
), d. h. mit EULER’s Totient-Funktion genau
.25
Berücksichtigt man jetzt noch die Gruppen nach Formel 2.10, dann bestätigt sich EULER’s Satz in
Form von Gleichung 2.9.
Speziell im Restklassenkörper entspringt aus Kongruenz 3.8 mit
sofort der
kleine Satz von FERMAT.
Für einen speziellen Fall, nämlich das Produkt zweier Primzahlen , ist es sehr wünschenswert die Totient-Funktion
zu kennen.26
Sind
und
nach Voraussetzung Primzahlen, dann können nur die Zahlen (kleiner als
)
gemeinsame Teiler mit
haben, die Vielfache von
oder
sind. Vielfache von
die kleiner als
sind, gibt es aber genau
, was für
äquivalent gilt (nämlich
und
). Somit muß man von den
Zahlen kleiner als
genau
subtrahieren, was zu
führt.27 In ähnlicher Art und Weise kann man auch die folgende Formel ableiten:
Körper
Der Körper
ist von besonderer praktischer Bedeutung, denn er bildet häufig die Grundlage
technischer Realisierungen. Die beiden Elemente von
werden mit
oder kürzer mit
bezeichnet. Wegen ihrer einfachen Implementierung sind die Operationen in
besonders
effizient.
geradezu primitiv und entspricht dem logischen
Exklusiv-Oder.28
Wie man sofort sieht, ist das neutrale Element die und wegen Beziehung 3.9 das additiv
Inverse die
. Addition und Subtraktion sind in diesem Sinne gleichwertig, denn es gilt
.
Körper
Für den Körper
, also dem Fall einer multiplikativen Gruppe der
, gilt für die der
Elemente: