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3.3 Summe von Zufallsgrößen

3.3.1 Wahrscheinlichkeitsdichte

Um die Wahrscheinlichkeitsdichte einer Summe von zwei Zufallsgrößen Y = X1+ X2  zu bestimmen, interpretieren wir sie einfach als Funktion f(X1,X2 )  im Sinne des vorigen Abschnitt. Da wir nur eine Ergebnisgröße, nämlich Y haben, müssen wir die (nach Gleichung 34) notwendige Ordnung n = 2  für Y = f(X)  “künstlich” erzeugen. Dazu benennen wird Y in Y1 = f1(X1,X2)= X1 + X2  um und definieren eine zweite Funktion Y2 = f2(X1,X2)= X1 − X2  . Bei der Auswahl von f2  soll nur Bedingung sein, daß diese Funktion differenzierbar, umkehrbar und nicht linear abhängig von f
 1  ist.19

Zuerst werden die Umkehrfunktionen h(Y )  ermittelt

pict

und mit deren Hilfe die Funktionaldeterminante gewonnen.

      ||                ||  |            |
      || ∂h1(y)  ∂h1(y) ||  || 1∕2   1∕2  ||
|Jh|= |  ∂y1     ∂ y2  |= ||            ||= − 1-
      || ∂h2(y)  ∂h2(y) ||  || 1∕2  − 1∕2 ||    2
      |  ∂y1     ∂ y2  |

Da in diesem Fall nur lineare Funktionen beteiligt sind, ist die Determinante |Jh| eine Konstante. Wir reduzieren sie (konform zu Abschnitt 3.2) auf ihren Absolutwert um dann Gleichung 37 anzuwenden.

                                             (              )
                           1-            1-    y1+-y2- y1−-y2
pY(y1,y2)= |Jh|pX (x1,x2)= − 2pX (x1,x2)= − 2pX     2   ,  2

Da die Hilfsgröße Y2  nicht von Interesse ist, müssen wir sie als Zufallsgröße “ausblenden”, d. h. aus der verbundenen Dichtefunktion pY(y1,y2)  die (eindimensionale) Randdichte von Y1  (nach Formel 20) berechnen. Bei diesem Schritt können wir auch gleich wieder Y1  in Y umbenennen, denn auf diese Größe kam es uns ja an.

        ∫ ∞               1∫ ∞   ( y+ y  y − y )
pY(y)=     pY(y,y2)dy2 = − --   pX  ----2,----2  dy2
         −∞               2 −∞       2     2

Die abschließende Substitution z= (y+ y2)∕2  , d. h. y2 = 2z− y und dy2 = 2dz führt zum Ergebnis.

        ∫ ∞
pY(y)=     pX (z,y− z)dz
         −∞
(40)

Sind X1  und X2  sogar stochastisch unabhängig, d. h. es gilt pX(x1,x2) = p1(x1)p2(x2)  , so vereinfacht sich Gleichung 40 zu:

       ∫ ∞
pY(y)=     p1(z)p2(y − z)dz
         −∞
(41)

Nach dieser Formel ist die Wahrscheinlichkeitsdichte der Summe zweier unabhängiger Zufallsgrößen also genau die Faltung der einzelnen Dichtefunktionen.20

p (y)= (p ∗ p )(y)
 Y       1   2
(42)

Für die Summe von n unabhängigen Zufallsgrößen gilt demzufolge:

pY (y) = (p1 ∗p2∗ p3∗⋅⋅⋅∗pn−1 ∗pn)(y).

3.3.2 Erwartungswert

Ausgangspunkt zur Bestimmung des Erwartungswertes der Zufallsgröße Y = X1 +X2  ist dessen Definitionsgleichung 9.

                  ∫
E(Y)= E (X + X )=   ∞ yp (y)dy
          1   2    −∞   Y

Einsetzen der Wahrscheinlichkeitsdichte von Y entsprechend Formel 40 ergibt:

pict

Die inneren Integrale in beiden Summanden stellen nach Gleichung 20 aber genau die Randdichten p1(x1)  und p2(x2)  der jeweils anderen Zufallsgröße dar.

            ∫ ∞             ∫ ∞
E(X1+ X2) =    x1p1(x1)dx1+    x2p2(x2)dx2
             −∞              −∞

Demzufolge ist der Erwartungswert der Summe zweier Zufallsgrößen unabhängig von der (verbundenen) Wahrscheinlichkeitsdichte einfach die Summe der einzelnen Erwartungswerte [Gne58, § 27].21

E(X1+ X2)= E (X1)+ E(X1)
(43)

3.3.3 Varianz

Die Varianz der Summe zweier (möglicherweise abhängiger) Zufallsgrößen kann nun ausgehend von Gleichung 11 bestimmt werden.

pict

Mit einem kleinen Rückgriff auf Abschnitt 2.3.3 kann man die letzte Formel auch folgendermaßen schreiben:

Var(X1 +X2 )= Var(X1)+ Var(X2) +2 Cov(X1,X2)
(45)

Sind die Zufallsgrößen X1  und X2  unabhängig, dann gilt Cov(X1,X2)= 0  (vgl. Abschnitt 2.3.3) und deshalb für die Varianz:

Var(X + X )= Var(X )+ Var(X ).
     1   2        1        2

3.3.4 Effektivwert

Ausgehend von der Definition des Effektivwertes nach Gleichung 12 kann man hier Zwischenformel 44 des letzten Abschnitts nutzbringend einsetzen.

pict

Sind beide Zufallsgrößen sowohl unabhängig als auch (zumindest eine) mittelwertfrei,22 dann berechnet sich der Effektivwert der Summengröße wiefolgt:

  E(X)=0∘ -------
Y~  =i    X~12+ ~X22,        i= 1,2.

Induktive Fortsetzung ergibt für den Effektivwert der Summe n unabhängiger, mittelwertfreier Zufallsgrößen in diesem Spezialfall:

    ∘ ---------------------------  ∘ -n---
Y~=   X~12+ ~X22 + X~23 + ⋅⋅⋅+ X~n2−1 +X~2n = ∑ X~2i .
                                     i=1

Superposition bei Normalverteilung

Zwei unabhängige Zufallsgrößen X1  und X2  seien normalverteilt

                 [             ]
          1         1( x− μ )2
pi(x)= √----- exp  − -- ----i    ,    i= 1,2
         2πσi       2    σi
(46)

und additiv überlagert.23 Die Berechnung der resultierenden Dichtefunktion pY (y)  kann dann durch Anwendung der Faltungsformel 41 erfolgen. Relativ einfach läßt sich eine Faltung mit Hilfe der FOURIER-Transformation berechnen. Dazu werden die Dichtefunktionen pi(x)  in den Bildbereich transformiert

ℱ {pi(x)}= e−μie−2(πσif)2

und dann einfach multipliziert (Faltungssatz).

                     −2(π√ σ2+σ2f)2
ℱ {pY (y)} = e−(μ1+μ2)e      1  2

Die Rücktransformation von ℱ {pY (y)} liefert sofort die Lösung.

                 [             ]
          1         1 ( x− μ)2               ∘ -------
pY (y) = √-----exp − --  -----   ,    mit σ =   σ21 + σ22, μ = μ1 + μ2
          2πσ       2    σ

Die Summe zweier normalverteilter Zufallsgrößen mit den Erwartungswerten μi  und den Varianzen σi2  ist wieder normalverteilt mit dem Erwartungswert μ1 + μ2  und der Varianz σ 2+ σ2
  1   2  .24