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4.3 Chinesischer Restsatz

4.3.1 Hilfssatz für zwei Kongruenzen

Um sich dem Chinesischen Restsatz53 zu nähern, betrachten wir zunächst einen etwas einfacheren Fall, der die grundsätzliche Fragestellung jedoch beinhaltet: Welche natürliche Zahl z erfüllt die folgenden beiden Kongruenzen:

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wenn vorausgesetzt wird, daß n,m > 0  relativ prim zueinander sind?

Um sie zu beantworten formulieren wir den Ausgangspunkt zuerst einmal entsprechend Restklassenbeziehung 3.2:

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Deren Darstellung als

c = b− a= xn − ym
(4.14)

zeigt mit Verweis auf die Form von 4.10, daß es sich um eine lineare diophantische Gleichung handelt. Wegen gcd(n,m )= 1  könnte die zugehörige Lösungsformel 4.12 zwar sofort zur Anwendung kommen – naheliegend (da kurz) ist jedoch auch die Anwendung von BéZOUT’s Identität. Denn multipliziert man gcd(n,m )= αn + βm = 1  mit c , dann kann aus

c= c(αn + βm )= αnc + βmc

durch Vergleich mit 4.14 sofort abgelesen werden, daß x = αc und y = − βc gelten muß.54 Mit der Erkenntnis aus Formel 4.12, daß es sich bei den Lösungen einer linearen diophantischen Gleichungen immer um eine ganze Lösungsmenge handelt, resultiert:55

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Durch Einsetzen in Formel 4.13 erhält man

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und so eine geschlossene Darstellung für die Lösungsmenge.

zk = αbn + βam + kmn
(4.16)

Mit der von den Restklassen bekannten Kongruenz 3.3 für teilerfremde Zahlen:56

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können wir die Probe machen.

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Die Lösungsmenge z
 k  bildet demzufolge eine Restklasse [z]
  mn  .

z≡ αbn + βam   (mod mn )
(4.17)

4.3.2 Ein System von Kongruenzen

Nehmen wir jetzt ein ganzes System von Kongruenzen an:

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wobei gcd(m ,m )= 1
     i  k  für i⁄= k gelten soll. Wie schon im Fall von zwei Kongruenzen stellt man die Frage, welche Lösung x kongruent zu allen ai  modulo mi  ist (i= 1,...,n ). Ohne einen exakten mathematischen Beweis anzutreten, scheint als Schlußfolgerung aus Abschnitt 4.3.1 einleuchtend, daß die Lösung(en) x eine Restklasse modulo m = ∏nmi  darstellen [Knu98CP05].57

Bezeichnen wir mit --
mi  das Produkt aller Moduli ausgeschlossen mi  , also

           n
          ∏  mj    n
m-=  m-=  j=1----=   m  ,
 i   mi    mi     ∏j=1  j
                  j⁄=i

dann gilt wegen der Teilerfremdheit der einzelnen Moduli     --
gcd(mi,mi)= 1  bzw. mit dem Satz von BéZOUT:58

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Im Gegensatz dazu verschwindet αkmk mod  mi  für i⁄= k , denn mi  ist als Faktor in mk  enthalten. Die Orthogonalität beider Fälle kann mit Hilfe des KRONECKER-Symbols δik  ausgedrückt werden:

                   {
  --                 0    (i⁄= k)
αkmk mod  mi = δik =            .
                     1    (i= k)

Die endgültige Lösungsidee besteht nun darin, für jede Kongruenz i den folgenden Ausdruck zu bilden:

 n                 n
∑  αkakmk mod  mi = ∑ akδik mod mi = ai mod mi ≡ x (mod mi)
k=1                k=1

Wie zu sehen, ist die Summe auf der linken Seite kongruent zu ai  modulo mi  , was

     n     --
x ≡ ∑  αkakmk  (mod m )
    k=1
(4.18)

als finales Ergebnis rechtfertigt.

Für den einfachen Fall n= 2  von Abschnitt 4.3.1 kann man mit m- = m
 1    2  , m- = m
  2    1  sowie

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relativ einfach Kongruenz 4.17 verifizieren.59

x≡ α1a1m1-+ α2a2m2 = α1a1m2 + α2a2m1 = α1a1m2+ β1a2m1  (mod  m1m2)