Minimalphasig nennt man Systeme, die in der rechten -Halbebene weder Pole noch Nullstellen besitzen [Pap62, 10-3]. Für rationale Übertragungsfunktionen bedeutet diese Eigenschaft, daß Nenner und Zähler von HURWITZ-Polynome sein müssen. Die Freiheit von Polen bzw. Nullstellen für machen und auf diesem Gebiet zu analytischen Funktionen.20 Unter solchen Voraussetzungen ist man in der Lage, zu logarithmieren und dabei die Holomorphieeigenschaft trotzdem zu bewahren. Bezeichnen wir , so kann man nach Beziehung 1.10 und 1.11 einen determinierten Zusammenhang zwischen Dämpfung und Phase angeben.21
Eine wichtige Voraussetzung für die Anwendbarkeit beider Formeln ist nach dem Lemma von JORDAN allerdings . Im Allgemeinen kann man von dieser Voraussetzung jedoch nicht ausgehen, so daß genau wie in den Beziehungen 1.24 die Dämpfung zu berücksichtigen ist [Fri81, 5.3.1.2].
Praktisch kann man jedes LTI-System mit rationaler Übertragungsfunktion als Kettenschaltung eines Allpaß- und eines Minimalphasensystems verstehen [Pap62, 10-3], [Mar95, 5.2], [Wun62, 3.14], [Fri79a, 3.5]. Spalten wir dazu die Zählerfunktion so auf, daß alle Nullstellen mit negativem Realteil in liegen, die mit positivem in .
Einfache Erweiterung mit dem HURWITZ-Polynom ergibt
| (1.25) |
d. h. die Zerlegung in
betrachtet. Denn würde der Anteil des Allpaß’ vermieden, so reduzierte sich das Gesamtsystem auf ein Minimalphasensystem.
Um die Problematik etwas anschaulicher zu gestalten, hier ein Beispiel aus [Pap62, 10-3].
Wie sofort erkennbar, handelt es sich um ein stabiles System mit den Polen und . Die Nullstelle des Allpaß’ bei hat einen positiven Realteil, ist also richtig zugeordnet. Obwohl insgesamt gilt (JORDAN-Bedingung), verschwindet die Amplitude des Allpaß-Anteils im Unendlichen nicht.23 Auch die Partialbruchzerlegung für deutet einerseits auf Stabilität (speziell auch ), andererseits auch auf Kausalität ( für ) hin.
Beide als Kettenschaltungen anzusehende Übertragungsfunktionen
haben voneinander abhängige Real- und Imaginärteile, wie man mit der Transformationsbeziehung
feststellt.
Trotzdem besteht ein fester Zusammenhang zwischen Dämpfungs- und Phaseverlauf nur für den Minimalphasenteil , nicht für insgesamt. Der Allpaß-Anteil sorgt insbesondere dafür, daß sich die Phase um den Betrag erhöht.