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2.1  Approximation im Frequenzbereich

2.1.1  Approximationsziel

Bei der Annäherung einer Zielfunktion im Frequenzbereich sind im allgemeinen zwei systemtheoretische Größen interessant: die Dämpfung A(ω )= − 20log|H (jω )| sowie der Phasengang B(ω )= − ∡ H(jω)  . Fast alle Standard-Tiefpässe beschränken sich dabei auf die gleichmäßige (TSCHEBYSCHEff-) Approximation des Amplitudenganges H (ω)=  |H (jω )| , vgl.  [Gui52Gui57Win54Zve67Fri79a,  Mil92].1 Dazu wird üblicherweise statt der Amplitudencharakteristik H(ω )  die charakteristische Funktion D (ω) = |D (jω )| , welche auch Drosselung genannt wird, herangezogen. Als Zusammenhang zwischen beiden Größen gilt bekanntlich:

            1
H(ω )= ∘-----------.
          1+ D2(ω )
(2.1)

Es gibt verschiedene Gründe die Drosselung als Zielfunktion zu verwenden (siehe auch [SU58Win54Fri79aZve67]):
  1. Aus Sicht der technischen Realisierbarkeit sind die Einschränkungen in Bezug auf die reellen Koeffizienten des Nenner- und Zählerpolynoms von D (ω)  viel schwächer, d. h. fast jede rationale Funktion ist hier erlaubt [Zve67, 2.15].2
  2. Die Drosselung bringt das Filter-Problem einerseits gut zum Ausdruck (Approximation der Null-Linie im Durchlaßbereich), andererseits können bekannte mathematische Lösungen (die üblicherweise Standardintervalle approximieren) relativ problemlos verwendet werden [Zve67, 2.9].
  3. An Reaktanz- (LC-) Vierpolen, welche allerdings vorwiegend historische Bedeutung haben, entspricht die Drosselung genau dem Verhältnis zwischen reflektierter und abgegebener Ausgangsleistung [Zve67, 2.1].

Für die Verwendung bekannter mathematischer Lösungsfunktionen der gleichmäßigen Approximation (bezeichnet mit g(x)  ) macht es sich außerdem günstig, die Drosselung als Produkt von g(x)  mit einer Konstanten σ zu definieren.

D (ω )= σ g(ω)
(2.2)

In Tabelle 2.1 sind nun ausgewählte Approximationsintervalle bzw. -punkte sowie die Zusammenhänge mit den soeben eingeführten Größen dargelegt.


Tabelle 2.1: Approximationskenngrößen





g(ω)  D(ω )  H(ω )  A (ω)










Durchlaßbereich 0  0  1  0





1  σ √--1----
  1+ σ 2  10 log (1+ σ2)





Sperrbereich ∞ ∞ 0  ∞






Die Definition von Durchlaß- und Sperrbereich beruht auf dem Fakt, daß (fast) alle konventionellen Standard-Filter den idealen Tiefpaß (zumindest stückweise) approximieren. Es wird deshalb für den Durchlaßbereich das Intervall 0≤ ω ≤ ωg  angenommen,3 für den Sperrbereich ωs ≤ ω < ∞ . Man erhält damit ein Tiefpaß-Toleranzschema nach Abbildung 2.1, das außerdem eine maximale (erlaubte) Durchlaß-Dämpfung Amax   und eine minimale Sperr-Dämpfung Amin   definiert.4


PIC

Abbildung 2.1: Tiefpaß-Toleranzfeld


Im Zusammenhang mit der Approximationsfunktion soll noch kurz angemerkt sein, daß die Extremstellen der Dämpfung sich auf der Grundlage von

A (ω )= − 20log|H(jω)|= 10log[1 + D2(ω)]=  10log [1+ σ2g2(ω)]

aus den Nullstellen von g(ω )  als auch deren Ableitung g′(ω)  zusammensetzen.

                 2     ′
dA-(ω-)=  -10-⋅ 2σ-g(ω)g-(ω-)     ⇒      g(ω )g′(ω )= 0||
 dω      ln 10  1 +σ 2g2(ω )                          ω=ω∘

2.1.2  Bestapproximationen

P. L. TSCHEBYSCHEff hat im 19. Jahrhundert mit dem nach ihm benannten Alternantensatz die grundlegende Bedingung für eine Bestapproximation gefunden [Tsc07Mei64Kör88]. In kurzer Form ist der Inhalt folgender:

Eine Bestapproximation5 gn(x;cn,cn−1,...,c2,c1)  der Funktion f(x)  im Intervall [a,b]  durch eine Funktion geringster Abweichung g(x)  , d. h. eine Näherung für die folgende TSCHEBYSCHEff-Norm gilt:

∥f − gn∥∞ = ma≤axx≤b|f(x)− gn(x)| ⇒ Min.
(2.3)

ist dadurch gekennzeichnet, daß die Fehlerfunktion ε(x)= f(x)− gn(x)  an n + 1  verschiedenen Punkten xν  (ν = 0,1,...,n)  alternierend den Wert ± ε annimmt. Dabei muß der Punkt x0  genau auf den Intervallanfang a und xn  auf den Endpunkt b fallen.

In der Filtertheorie ist die (gesuchte) Funktion gn  geringster Abweichung meist die Drosselung D (ω)  .6 Die zu approximierende Funktion f(x)  kann als Drosselung des (fast) idealen Tiefpaß verstanden werden.
      {
         0     (0 ≤ ω ≤ ωg)
f(ω)=    ∞     (ωs ≤ ω < ∞ )

Genau an dieser Stelle unterscheiden sich nun die Standard-Tiefpässe dadurch, daß jeder Typ die Zielfunktion f(ω )  in anderen Frequenzbereichen approximiert. Abgesehen davon ist jede dieser Bestapproximationen, welche ja als Zielgröße D (ω)  verwenden, auch eine in Bezug auf H (ω)  . Der Grund ist in Ausgangsgleichung 2.1 zu finden, welche nur eine direkte Abhängigkeit H (D )  und keine weitere von ω enthält. Aus diesem Grund unterscheiden sich zwar die Fehlerfunktion ε(ω)  im Wert, nicht aber im alternierenden Verhalten.

Geht man nun von einer Bestapproximation (wie in Abbildung 2.1 getan) aus, dann kann man den Frequenz-Eckwerten ωg  und ωs  , da es sich um die Randpunkte handelt, die Dämpfungswerte Amin   und Amax   zuordnen.

pict

Umgekehrt kann man aus vorgegebenen Dämpfungswerten den Skalierungsfaktor σ bestimmen.
    ∘ -----------   ∘ ------------
    --10Amin∕10−-1   --10Amax∕10−-1-
σ =     D(ωs)     =     D(ωg)