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2.1 Unvollständiges elliptisches Integral erster Art

2.1.1 Definition

LEGENDRE’sche Normalform Das unvollständige elliptische Integral erster Art ist in seiner LEGENDRE-Form folgendermaßen definiert

         ∫ φ
F(φ;k)=     ∘----dϕ-----,
          0   1− k2sin2ϕ
(3)

wobei mit k das Modul und φ die Amplitude bezeichnet wird.

JACOBI-Form Mit der Substitution t = sinϕ in Gleichung 3 gelangt man zu der von C.G.J. JACOBI bevorzugten Form.

         ∫ x-------dt--------
F(φ;k)=   0 ∘ (1−-t2)(1−-k2t2),    x= sin φ
(4)

Beweis. Einsetzen der Substitution sowie der Ableitung dt∕dϕ = cosϕ in Definitionsgleichung 3 führt sofort zum Ergebnis

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Um im weiteren die Eindeutigkeit zu gewährleisten und außerdem eine einfache Schreibweise des Integrals bei Verwendung des Argumentes x zu erhalten, soll außerdem definiert sein:

        ∫ x--------dt-------
F⋆(x;k)=  0 ∘  (1-−-t2)(1−-k2t2).
(5)

RIEMANN’sche Normalform Eine weitere, heute nicht mehr so geläufige Form, ist die RIEMANN’sche Form. Sie kommt zustande, wenn man in der JACOBI’schen Darstellung nach Gleichung 5 den Term t2 = ξ substituiert. Mit dem zugehörigen Differential dξ = 2tdt ergibt sich so

           √ -
        1∫   x       dξ
F⋆(x;k) = 2-    ∘-------------2---
          0     ξ(1− ξ )(1− k ξ )

und letztlich (die nicht besonders gekennzeichnete) RIEMANN’sche Normalform des Integrals.

∫        d ξ
  ∘-----------------
    ξ(1− ξ )(1 − k2ξ )

GAUSS-Form Eine von C.F. GAUSS intensiv verwendete Form des elliptischen Integrals erster Art4 ist

∫
  w -------dt--------  1-
 0  ∘ (t2+-a2)(t2+-b2)-= a F(φ;k),    w= b tan φ
(6)

mit dem Modul

    ∘ ---(--)2-
k =   1−   b-
           a
(7)

sowie dem komplementären Modul (konform zu Definitionsgleichung 1)

 ′  ∘ ----2-  b-
k =   1− k =  a.
(8)

Beweis. Um dieses Integral auf F(φ;k)  zurückzuführen, wird zuerst eine passende Substitution nach [AS72, 17.4.41 ff.] gewählt

       t
tanϕ = b-
(9)

und dann mit Hilfe von (tanϕ)′ = 1+ tan2ϕ = cos−2ϕ die Ableitung dt∕dϕ gebildet.

dt-= b(1+ tan2ϕ )= --b---
dϕ                cos2ϕ

Einsetzen in das Ausgangsintegral ergibt

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Vergleich mit Formel 3 zeigt, daß es sich hier um das unbestimmte elliptische Integral erster Art a−1F(φ;k)  handelt.5

LEGENDRE’sche Normalform mit Modulwinkel Manchmal wird das elliptische Integral erster Art auch über den sogenannten Modulwinkel Θ  , mit k = sinΘ  , angegeben.6

          ∫ φ       dϕ
F (φ; Θ)=     ∘---------------
           0   1− sin2Θ sin2ϕ

2.1.2 Spezielle Werte

Der Funktionswert für φ = 0  ist trivial und direkt aus Definitionsgleichung 3 ersichtlich.

F(0;k)= 0

Für φ = π∕2  entartet die Funktion zum vollständigen elliptischen Integral erster Art K (k)  , wobei k dann die Rolle des Arguments übernimmt (vgl. Abschnitt 2.2).

        ∫ π2      dϕ
F(π2;k)=     ∘------------= K (k)
         0    1− k2sin2ϕ
(11)

Der Funktionswert bei φ = π ergibt sich auf dieser Grundlage zu 2K (k)  .

Beweis.

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2.1.3 Spezielle Module

Für spezielle Module sind geschlossene Lösungen des Integrals möglich.

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2.1.4 Funktionsverlauf


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Abbildung 1: F(φ;k)  für verschiedene Module k


Zuerst sei auf Abbildung 1 verwiesen, die F(φ;k)  im Intervall 0≤ φ ≤ π ∕2  darstellt. Relativ leicht nachzuweisen ist, daß F(φ;k)  eine ungerade Funktion ist.

Beweis. Mit der Substitution − ϕ = ψ in der Definitionsgleichung des Integrals kann man schnell beweisen, daß F(− φ;k)= − F(φ;k)  gilt.

          ∫                   ∫
            −φ -----dϕ------    φ -----− dψ-----
F(− φ; k)= ϕ=0 ∘     2   2  =  ψ=0∘      2  2   = − F(φ; k)
                 1− k sin  ϕ          1− k sin ψ

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F(φ;k)  ist für alle φ eine monoton steigende Funktion. Die Begründung liegt in Gleichung 16, der ersten Ableitung von F(φ;k)  . Für kleine Werte k gilt F(φ;k)≈ 2 φK (k)
        π  , was sich direkt aus Abbildung 1 ablesen läßt, wenn man außerdem Gleichung 11 berücksichtigt.

Eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit den elliptischen Funktionen (Abschnitt 3) hat folgende Relation, die auch in Abbildung 2 erkennbar ist.

F(φ+ nπ;k) = F(φ;k)+ 2nK (k)
(14)


PIC

Abbildung 2: F(φ;k)  im Intervall 0≤ φ ≤ 4π


Beweis. Sie ergibt sich, wenn man mit n = 1  beginnt und dann iterativ fortsetzt.

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Außerdem ist Gleichung 14 eine logische Schlußfolgerung, wenn man wie gewohnt das Integral als Fläche unter der periodischen Kurve      2   2  −1∕2
(1− k sin ϕ)  interpretiert (vgl. Abbildung 3).


PIC

Abbildung 3: Funktionsverlauf des Integranden (1 − k2sin2ϕ)−1∕2


Aus der zweiten Ableitung nach Gleichung 17 und dem Funktionsverlauf entsprechend Abbildung 2 ist ersichtlich, daß die Wendepunkte bei υ ⋅π∕2  mit υ ∈ ℤ  liegen.

2.1.5 Erste Ableitung

Das Differential von F(φ;k)  ist nach dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung7

  ′       -----1-------
F (φ;k)=  ∘ -------2--.
            1− k2sin  φ
(16)

2.1.6 Zweite Ableitung

Nochmaliges Differenzieren der ersten Ableitung F′(φ; k)  ergibt

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2.1.7 Imaginäre Argumente

Für imaginäre Argumente entartet das unvollständige elliptische Integral zu

           [              ]
F(jξ ;k) = jF arctan(sinhξ );k′ .
(18)

Beweis. Einsetzen des imaginären Arguments im Sinne von φ = jξ in Definitionsgleichung 3 führt zu

         ∫ jξ --------dϕ--------
F(jξ ;k) =  ϕ=0∘ ---------2---2--.
               1 − (1 − k′ )sin ϕ

Mit der (im Intervall |ϕ|≤ π∕2  ) eindeutigen Substitution

sin ϕ = jtanθ
(19)

und deren Ableitung d ϕ∕dθ = j∕ cosθ kann man das Differential     ∘ -----------
dϕ ∕  1− k2sin2 ϕ relativ einfach mit Hilfe des komplementären Moduls k′ ausdrücken.8

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Schreibt man die rechte Seite von Gleichung 18 mit Hilfe der GUDERMANN-Funktion gd ξ = arctan(sinhξ )  , dann gilt entsprechend:

                 ′
F(jξ;k)= jF(gdξ;k ).